Atanas Kolarovski kam nach Amerika und alle waren von ihm als Tänzer und Folklorist sehr, sehr begeistert. Aber seine Tänze waren zu schwierig. Das ist eine sehr interessante Geschichte, die einiges deutlich macht, was die makedonischen Tänze betrifft, wie wir sie heute kennen.
Ricky Holden und Dennis Boxell sind in den sechziger Jahren nach Makedonien gereist. Die Welt hatte schon „Tanec“ erlebt. „Tanec“ hatte schon in Amerika, in Deutschland und Europa mit großem Erfolg getanzt. Die Gruppe wurde zwischen 1948 und 1952 gegründet von Dorftänzern und bekannten Tänzern, die einfach tanzten und keine trainierten, ausgebildeten Tänzer waren. Unter ihnen waren Atanas Kolarovski, Pece Atanasovski und viele andere. Pece war auch berühmt als Gajdaspieler. Pece und Atanas waren Schwager – „kumovi“, „kum“ heißt das auf makedonisch. Der eine war Trauzeuge bei dem anderen, Atanas war Pate der beiden Töchter von Pece. Dennis Boxell und Ricky Holden gingen dort hin und haben Tänze aufgenommen. Dennis hat sie am Abend gelernt, mit den Leuten getrunken und bis um vier Uhr früh getanzt. Am nächsten Tag hat Ricky ihn geweckt und gesagt: „Zeig, was du gelernt hast!“ und hat alles aufgeschrieben. Dann haben sie die Aufnahmen zu den drei „Folkraft“-Platten mit makedonischen Tänzen gemacht – hauptsächlich sehr echte Tänze, oft mit der Zurna gespielt, manchmal sehr schwierige Tänze.
Diese Tänze hat Atanas das erste Mal in Amerika gelehrt und die Leute haben gesagt: „Das können wir nicht, das ist zu schwierig. Komm bitte wieder und bringe schönere Musik und leichtere Tänze.“ Nun, was heißt das? Was ihm sehr gut gefallen hat beim ersten Mal, waren israelische Tänze. Er hat „Haroa Haktana“ geliebt wie keinen anderen Tanz. Er war Choreograph, er war Künstler und sah, was die Leute mögen. Ein, zwei Jahre später kam er wieder und brachte schöne, neue Musik. Im Wohnzimmer von Tom Bozigian und Rubi Vučeta haben sie Tänze darauf getanzt. Ich erinnere mich noch gut, zwei Jahre später beim Camp kam er und sagte: „Stefan, wie ging der eine, den ich vor zwei Jahren gezeigt habe?“ Er hatte ihn seitdem nicht mehr getanzt. Er hatte ihn unterrichtet und war wieder nach Makedonien zurückgegangen. Dort tanzte man das nicht, sondern das, was man sein Leben lang getanzt hatte: die alten, traditionellen Formen. So habe ich ihm Belasičko nochmal gezeigt, denn das war eine Choreographie, eine künstlerische Arbeit.
1969 hat er dann Legnala Dana gemacht. Ich dachte damals: „Ach, schon wieder eine Lesnoto-Bearbeitung!“ Jetzt, 33 Jahre später wurde mir klar: „Das ist er! Das ist eine Gajda! Das ist ein echter Tanz!“ Ob er absichtlich eine Gajda auf diese Musik getanzt hat oder ob er einfach diese Musik aufgelegt hat und diese Strukturen so tief in ihm leben, daß das einfach dabei herausgekommen ist … Damals sagte ich: „Oh, das ist eine komische Sache, von einem dreitaktigen Lesnoto auf acht Takte zu kommen.“ Dann sah ich in Heidelberg, Mensch, das ist die Gajda! Ich habe gerade eine Gajda gebracht, aber Legnala Dana habe ich wahrscheinlich seit 1969 nicht wieder getanzt. Plötzlich war mir das klar, daß das doch ein echter Tanz ist – auf diese Musik!
(Stefan Kotansky Mitschnitt 2002)