Der rumänische Bugeacul ist, nachdem er vor knapp vierzig Jahren im hiesigen Folkloretanz auftauchte, merkwürdigerweise weitgehend in Vergessenheit geraten – zu Unrecht, wie uns scheint.
Der Name „Bugeacul” rührt von rum. bugeac = „Winkel”, „Ecke” her. Als Budschak wird der südliche Teil der historischen Landschaft von Bessarabien (heute Ukraine und Rep. Moldau) bezeichnet. Der Name Budschak stammt aus dem Tatarischen bzw. Türkischen und bedeutet „Winkel” oder „Dreieck”. (1) Allerdings – was dieser bessarabische Budschak mit unserem muntenischen Bugeacul zu tun hat, wissen wir nicht.
Der Bugeacul, von dem hier die Rede ist, wurde 1969 von Theodor Vasilescu und Marius Korpel auf der LP „Roemeense Volkdansen“ bei Nevofoon (Nr. 12153) herausgebracht und in den siebziger und achtziger Jahren in die Folkloretanzszene eingeführt. Die gesamte LP wurde von dem Ensemble „Tineretului”, Bukarest (Leitung: Ionel Budișteanu) aufgenommen.
Bugeacul – Ensemble Tineretului
Eine andere Bugeacul-Aufnahme auf der LP „Antologia Muzicii Populare Românești, Vol. I” (Electrecord EPD 78/81/86 von 1963) eignet sich ebenfalls, wie auch die im Folgenden genannten, für die Schrittkombinationen, die von Vasilescu/Korpel überliefert sind. Damit ist sein Bugeacul einer der Tänze mit schwacher Bindung an eine bestimmte Einspielung. Hier eine Hörprobe aus der Antologia Muzicii Populare Românești, Vol. I:
Weitere Einspielungen unter dem Titel Bugeacul sind auf folgenden Tonträgern zu finden:
• eine Topic-LP von 1958 (Field Recordings of Rumanian Folk Music from the Archive of the Folklore Institute of the Rumanian People’s Republic edited by A.L. Lloyd, Topic Records 10T12),
• die LP „Ensemble Folklorique Doina Argeșului” unter der Leitung von Florian Economu, Solist Florea Netcu (fluier) (Electrecord STM-EPE 01328, o.J.),
• die LP von Ion Laceanu (fluier), Electrecord STM-EPE 01210 (1971).
Der Tanz Bugeacul ist ein muntenischer Tanztyp aus der großen Familie der Rustemele (Sg. Rustemul, auftaktiger 6/8-Takt: ♪ |♩♪♩♪ |♩♪♩), der in einer ganze Reihe von lokalen Varianten vorkommt. So findet man im Internet auf der Suche nach dem Wort „Bugeacul” (neben sehr zahlreichen Beiträgen, die sich mit dem geographischen Bugeac, seiner Geschichte und seiner politischen Zugehörigkeit befassen) einige Einträge, die sich auf einen anderen „Bugeacul ca la Teleorman” (manchmal auch „B. ca pa T.”) beziehen. Der Kreis Teleorman liegt im Westen der Region Muntenien, südwestlich von Bukarest. Dieser Tanz enthält ebenfalls die „kleinen Schlüssel” und „großen Schlüssel” (siehe unten: Tanzbeschreibung), wie sie für die Familie der Rustemele charakteristisch sind. Er ist im Internet in vielen Quellen belegt, während „unser” Bugeacul (ohne Zusatz) nur zwei Fundstellen aufweist:
• Tanzbeschreibung: http://herwigmilde.de/TB_pdf/Bugeacul.pdf
• Noten: http://www.folkloretanznoten.de/Bugeacul2.pdf
Nicht einmal in den Stockton Syllabi, einer der ergiebigsten Quellen für die Folkloretanzrecherche, taucht ein Bugeacul auf.
Möglicherweise war der Vasilescu-Bugeacul nur ein kurzes Strohfeuer in den Achtziger Jahren – eigentlich schade, denn sowohl Musik als auch Schrittkombinationen dürften den Bedürfnisssen der hiesigen Folkloretanzszene entgegenkommen.
(1) lt. Wikipedia română