Hora fetelor alias grünes Olivenblatt

Wir wissen ja, daß Folkloretänze (als Tanz) oft anders benannt werden als die Musik, die sie verwenden. Das ist besonders bei Tänzen zu Liedern oft der Fall, wie z.B. Dramskoto (Dujni mi, dujni, bel vetrec), Krušarski Danec (Sjala e moma), Dâlgata (Na sârce mi leži). Aber auch rein instrumental gespielte Tanzmusiken bekommen gelegentlich als Tanz einen neuen Namen; das Beispiel Frunză (gleich zweimal: Sîrba de la Bacău und Sîrba de la Cotnari) haben wir hier schon beschrieben.

Wenn ein Tanz „Hora fetelor”, dt. „Mädchenreigen”, heißt, ist davon auszugehen, daß die Musik ursprünglich anders benannt wurde. Das ist besonders bei neu choreographierten Tänzen der Fall, die auf vorhandene Musik zurückgreifen. Die hatte bereits einen Namen, als der Tanz entstand.

Vier Einspielungen der Melodie, auf die wir (nach Alexandru David) die Hora fetelor tanzen, sind uns bekannt:

1. die „originale” Hora fetelor auf A. Davids LP „Gypsy Camp vol. 1”, gespielt von Damian Luca mit dem Orchester Nicu Stănescu (1970 unter dem Titel „Foaie verde untdelemn” auf der LP „L’éblouissante flûte de pan roumaine” bei Pathé C 054-11362 veröffentlicht) (1)

Hörprobe Hora fetelor auf A. Davids LP „Gypsy Camp vol. 1”

2. die Hora fetelor auf Michel Hepps „Tänze im Kreis 2” (Fidula CD 552), Lizenz Electrecord, aber ohne Angabe der Musiker (2),

3. eine Frunză verde untdelemn mit derselben Melodie auf der CD „Legenda Românească”, Solist Gheorghe Zamfir mit Orchestra „Lăutarii” aus Chişinău, Leitung Nicolae Botgros,

Hörprobe Frunză verde untdelemn“ von Gheorghe Zamfir + Orchestra “Lăutarii”

4. die Hora fetelor auf der CD „Haj la Hora” von Bärbel und Jacques Loneux (Label Danses et Folklore Nr. BJL 001), leider ohne Angabe der Musiker. Diese Aufnahme gleicht der Nr. 1 „bis auf’s i-Tüpfelchen” – d.h.: von solchen abgesehen. (3)

Ob der Titel nun „Foaie verde …” oder „Frunză verde …” genannt wird, spielt keine große Rolle, denn foaie bedeutet dasselbe wie frunză: Blatt oder Laub.

Interessant ist jedoch die Vielzahl der Titel, unter denen diese Melodie auch außerhalb der Folkloretanzszene bekannt ist. Eine weitere Einspielung mit Panflöte stammt von Radu Simion: Neică, ce dragoste-avem, LP „Radu Simion – Un virtuose de la flûte de pan vol. IV“, Electrecord STM-EPE 01394 (1978)

Eine hörenswerte Bearbeitung von Toni Iordache ist: Variatiuni pe tema Foaie verde şi-o crăiţa‘“ auf der LP „Toni Iordache – Un virtuose du cymbalum“, Electrecord EPE 0591 (1971)

Der Geiger Nicu Stănescu nannte seine Variation „Supărată mi-ești puicuță”, LP Electrecord EPD 1110 (1966).

Letztendlich basieren alle diese Aufnahmen auf einem Lied, dessen heute bekannteste Variante Picături de untdelemn (dt.: „Öltropfen”) ist. Auf Youtube sind Dutzende Versionen davon vertreten, z.B. die von Maria Dragomiroiu.

Aber all dem liegt mit großer Wahrscheinlichkeit Tabacheră cu tabac zugrunde, ein Arrangement einer alten Bukarester Lăutari-Melodie mit einem Liedtext aus dem Roman „Groapa“ von Eugen Barbu (1957); erstmalig aufgenommen von Bela Chitaristul im Jahre 1960 (leider springt die Plattennadel bei der Aufnahme ständig – aber man erhält immerhin einen Eindruck). Der Text beginnt mit den Zeilen „Foaie verde untdelemn, / Neică, ce dragoste-avem!“

Eine weitere wahrscheinlich irrtümliche Variante des Titels führt uns zu seinem Verständnis: „Frunză verde unt de lemn” – auseinandergeschrieben – oder noch schlimmer alles groß: „Frunză Verde Unt De Lemn”. Die Getrenntschreibung ist durchaus nicht abwegig, auch wenn das Wort „untdelemn” – in einem Wort – Öl bedeutet und dem Titel einen Sinn gibt: „grünes Olivenblatt”. Das Wort „frunză” bedeutet „Blatt” und steht als „frunză verde” oder „foaie verde” (grünes Blatt) häufig am Anfang der ersten Textzeile vieler rumänischer Lieder; unt (von lt. unctum) ist „Fett” oder „Öl”, lemn (von lt. lignum) Holz oder Baum. Also „unt de lemn” bedeutet wörtlich <Holzbutter> (oder -fett, oder <Baumöl>) – eigentlich: Olivenöl.


(1) Siehe https://www.discogs.com
Radboud Koop verdanken wir den Hinweis auf zwei weitere Versionen der Hora-fetelor-Musik: „Doina (chant d’amour: Feuille verte, mon amour, quel bel amour nous avons)” auf der LP „Danses de Roumanie” bei Le Chant du Monde LDX-S-4307 (1964) mit dem Orchester „Barbu Lautaru”, Dir. Ionel Budișteanu und Nicu Stanescu, (s.a. Discogs) und „Lele, ce dragoste avem” auf der LP „Damian Luca – Un virtuose de la flûte de Pan – Trésors folkloriques Roumains Vol. II”, Damian Luca (Panflöte) und Orch. Ionel Budișteanu bei Electrecord ST-EPE 01479  (1978).

(2) Nach unseren Recherchen ist das die Einspielung von Radu Simion, siehe einige Absätze weiter unten.

(3) Auch erschienen auf ”6 danses de Roumanie avec Benone Damian et Nicolae Pîrvu”, La Ronde 4530153 (ca. 1970). Mitt. v. Radboud Koop 30.09.2021.

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