Frunză: Musik oder Tanz

Die Aufnahme, zu der wir ursprünglich, seit den achtziger Jahren, die Frunză getanzt haben, erschien – vermutlich in den späten 1970er Jahren – auf der LP „Haj la joc!“ des Labels Noroc, publiziert von Sunni Bloland und Electrecord mit dem Orchester Paraschiv Oprea und dem Flötisten Ion Laceanu („shepherd’s flute”, d.h. Caval oder Fluier) – so jedenfalls die Auskunft auf dem Cover (1). Sunni Bloland (2) hat den Tanz als Frunză aus Rumänien mitgebracht und in den USA eingeführt. (S. Blolands Tanzbeschreibung im Syllabus 1980 des Stockton Folk Dance Camps und auf herwigmilde.de)

Frunză (Hörprobe) aus „Hai la Joc!“

Bereits 1971 erschien eine Sârbă (Sîrba) (3) de la Bacău mit dem Solisten Simion Stanciu (Nai) auf der LP „Rencontre avec la Roumanie – Flûte de Pan” (Electrecord ST-EPE 0506/2), die mit der oben genannten Frunză auf der LP „Haj la joc!“ identisch ist. Da sie älter ist, dürfte diese die Originalaufnahme sein und die falsche Angabe des Interpreten auf „Haj la joc!“ richtigstellen.

Bei der „Frunză“ auf der von Michael und Hannes Hepp herausgegebenen CD „Mitmachtänze 2“ (Fidula-CD  4474) handelt es sich um die Sîrba de la Cotnari, gespielt von Simion Stanciu, von derselben LP „Rencontre avec la Roumanie – Flûte de Pan”.

Sârbă de la Cotnari (Hörprobe) aus „Stanciu Simion – Nai“

Eine andere Einspielung unter dem Titel Frunză veche (aus dem Album „La horă-n sat – Oltenia”; Electrecord EPD 1194 von 1968) (4) klingt eher wie eine beliebige Sîrba. Dagegen kommt Michel Hepps Aufnahme, die ursprünglich Sîrba heißt, Blolands Original ziemlich nahe; die Struktur entspricht weitgehend der der Tanzfiguren.

Frunza veche (Hörprobe) aus „La hora-n sat – Oltenia“

Wenn eine beliebige Sîrba „Frunză” heißen kann (Frunză veche), ist diese Bezeichnung für eine Musik vermutlich eher zufällig, wie jeder andere Musiktitel, der nicht die Bezeichnung eines Tanztyps (Alunelul, Rustemul, Hora …) enthält, und definiert nicht einen bestimmten Tanz. Das Wort „frunză” bedeutet „Blatt” und steht als „frunză verde” (grünes Blatt) – wie übrigens ebenso „foaie verde” – häufig am Anfang der ersten Textzeile vieler rumänischer Lieder. (5)

Wenn also eine rumänische Tanzmusik „Frunză” heißt, bedeutet dies im Hinblick auf den Tanz – gar nichts.

Wie auch immer – wir können festhalten, daß sowohl der Tanz als auch die Musik Frunză zur großen Gruppe der Sîrbe gehört.


(1) Auf der Aufnahme spielt jedoch keine „shepherd’s flute”, sondern eine Panflöte (rum. Nai). Also kann beides nicht stimmen: weder die Hirtenflöte noch der Solist, denn Ion Laceanu spielt vieles, nur nicht Panflöte: fluier, caval, cimpoi, ocarina, und auf einem grünen Blatt (frunză – !!).

(2) Sunni Bloland war eine mehrfach ausgezeichnete Folkloretanzlehrerin in Kaliformien. (Biographische Details auf socalfolkdance.org) Sie wurde Spezialistin für rumänische Tänze aufgrund eines Stipendiums, durch das sie Ende der sechziger Jahre in Rumänien Feldforschung betreiben konnte und die Tanzethnologin Anca Giurchescu kennenlernte. Beide veröffentlichten 1992 das grundlegende Werk „Romanian Traditional Dance – A Contextual and Structural Approach”. Die Liste der von ihr unterrichteten Tänze auf socalfolkdance.org nennt fast 100 Titel.

(3) Sîrba/Sârba: siehe hierzu unseren Artikel

(4) Electrecord hat von 1968 bis Anfang der siebziger Jahre eine LP-Reihe unter dem Titel „La horă-n sat” („Beim Dorfreigen”) herausgebracht. Die vier LPs waren jeweil einer Region gewidmet: Oltenien, Muntenien, Bihor und Moldau. (EPD 1194, 1200, 1239 und 1262).

(5) Das rumänische online-Wörterbuch Dexonline schreibt hierzu: frunză verde, începutul caracteristic al cântecelor populare, după care urmează numele arborelui sau al plantei corespunzătoare subiectului (eroic, erotic sau tragic)“ – Grünes Blatt, typischer Anfang von Volksliedern, auf den Namen von Bäumen oder Pflanzen folgen, die dem Thema (heroisch, erotisch oder tragisch) entsprechen.

 

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